Wohngruppen, Werkstätten und Förderschulen für Menschen mit Behinderung, die in der BRD ab den 1960er Jahren langsam entstehen, gibt es in Hagenow nicht. Viele Menschen sind als Hilfsarbeiter*innen in Betrieben tätig, schwerst- oder mehrfach behinderte Menschen in einer alten Villa am Waldrand untergebracht, wo sie lediglich in ihren Betten liegen und wie Kranke gepflegt werden. Schon im Januar 1990 regt sich gegen diese Zustände Widerstand, Kinderärzte und Betroffene machen Druck und beginnen sich zu organisieren…
Engagement und viel guter Wille reichen bald nicht mehr. Anträge müssen gestellt werden, Verhandlungen über Pflegesätze geführt, geeignete Gebäude und Personal gefunden werden. Schnell erkennen die Hagenower*innen, dass sie Hilfe von Menschen benötigen, die Erfahrungen im Aufbau von Fördereinrichtungen und der Arbeit mit Menschen mit Behinderung haben. Was liegt da näher als dem Lebenshilfewerk in Mölln einen Besuch abzustatten – das gibt es immerhin schon seit 10 Jahren…
Am Anfang steht die Suche nach einem geeigneten Ort. Viele leerstehende Gebäude werden der Lebenshilfe Hagenow angeboten, leerstehende Kitas, ehemalige Kasernen und Stasigebäude, doch sie sind weder barrierefrei noch in der Stadt gelegen. Mitten im Leben will man jetzt sein. Dann kommt Ende 1990 der Hinweis, dass die ehemalige Forschungsbaracke des Kartoffelveredlungswerks leer ist und zum Verkauf steht, mitten im Industriegebiet. Kann das was werden?
Schnell wird die Baracke zu klein. Die Lebenshilfe Hagenow, seit Frühjahr 1991 die Lebenshilfewerk Hagenow GmbH und nun auch offiziell mit den Möllnern verbunden, übernimmt Wohneinrichtungen, baut weitere Werkstätten, Arche-Höfe und zahlreiche weitere Projekte. Immer mehr Menschen mit Behinderung aus der Region finden hier Arbeit, Ausbildung und eine neue Heimat. Mehr und mehr Firmen werden Auftraggeber, das Lebenshilfewerk zu einem immer größeren Akteur in Hagenow. Und die Lebenshilfeeinrichtungen Mölln und Hagenow zu einer Institution.