Viele verlieren in den ersten Monaten und Jahren nach der Wiedervereinigung in den neuen Bundesländern ihre Jobs, auch in Hagenow. Im Kartoffelveredlungswerk, der Landwirtschaft, der Elbewerft Boizenburg: überall fallen Stellen weg, werden Betriebe geschlossen. Viele Menschen fühlen sich in dem für sie neuen System nicht mehr gebraucht, müssen sich beruflich neu orientieren, mit Schulden und vielfach auch sozialem Abstieg umgehen lernen. In Hagenow wollen das aber nicht alle einfach hinnehmen…
Unter dem Dach des Arbeitslosenverbands Deutschland e. V. wird im Oktober 1991 in einem Acht-Quadratmeter-Raum und ohne ausreichend Stühle das Arbeitslosenzentrum Hagenow gegründet. Die fünf Mitarbeiterinnen haben kurz vorher selbst ihre Arbeit verloren und werden über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) für zwei Jahre finanziert. Mit viel Herzblut und Engagement legen sie los …
Der Beratungsbedarf ist groß. Hunderte Menschen melden sich in den ersten Monaten nach Eröffnung in der Beratungsstelle. Es sind vor allem Frauen, die ihre Arbeit verlieren und hier auch sozialen Anschluss suchen. Eröffnet werden eine Nähwerkstatt, Bücherbörse, Kleiderkammer und eine Möbelbörse. Über 100 Menschen bringt das Arbeitslosenzentrum über ABM-Maßnahmen selbst kurzfristig in Arbeit, kann sozialen Halt geben und gleichzeitig weitere Angebote schaffen.
Über 20.000 Menschen berät das Arbeitslosenzentrum bis 1995, doch die eigene Zukunft ist unsicher. Jedes Jahr hängt die Finanzierung durch die Kommune am seidenen Faden. Ab 1997 muss ein Eigenanteil beigesteuert werden. Nähwerkstatt, Bücherstube und Möbelstube werden nun auch zum Wirtschaftsfaktor. Auf Märkten, Basaren und Feiern werden die selbst hergestellten Handarbeiten und Bücher aufgelöster Bibliotheken verkauft. Nach und nach können feste Mitarbeiter*innen-Stellen geschaffen werden.
Auch Kinder sind von der Arbeitslosigkeit ihrer Eltern betroffen. Für sie organisiert das Arbeitslosenzentrum Bastel- und Spielenachmittage und ab 1993 Ferienaufenthalte. Finanziert werden die Ferienlager von Hagenower Gewerbetreibenden und Privatpersonen. In manchen Familien geht es allerdings um Grundsätzliches: Geburtsurkunden, Kindergeld und Schulausrüstung müssen besorgt werden. Und immer mehr Menschen haben hohe Schulden. Auch hier wird das Arbeitslosenzentrum aktiv…