In der westdeutschen Grenzstadt Selb machen die Menschen erste Begegnungen mit den Ostdeutschen als Flüchtlingen. Der Ostdeutsche ist dort für viele ein Trabbifahrer, der für sein Begrüßungsgeld ansteht und anschließend weiter Richtung Westen fährt. Die tschechischen Nachbarn werden nach der Wende noch mal neu kennengelernt. Hans Joachim Goller, der während der 1980er und 1990er Jahre Kulturdezernent der Stadt Selb und gelernter Lehrer ist, bringt die drei neuen Nachbarn zwischen zwei Systemen über die Kultur zusammen.
Schon früh nach der Grenzöffnung wird die deutsch-tschechische Nachbarschaft gefördert. Eigeninitiative trifft hier auf Förderung. Die „Deutsch-tschechische Kulturbörse“ – von der Bundesregierung unterstützt und vom Kulturdezernent der Stadt selbst initiiert – findet bereits 1991 zum ersten Mal statt. Sechs Jahre in Folge stellen sich Kulturschaffende aus der BRD, der ehemaligen DDR und Tschechien auf der Messe in einer Drei-Felder-Turnhalle vor. Sie treffen hier auf deutsche und tschechische Kulturprogrammanbieter, Programmdirektoren und Veranstalter.
Auch im Osten gründen sich nun auf Eigeninitiative Vereine und Galerien. Der 1990 wieder gegründete Kunstverein Plauen gibt früh den vormals staatlich engagierten Kunstschaffenden ein neues kuratorisches und selbstständiges Zuhause. Die Vereinstradition der selbstbestimmten Arbeit geht noch lange vor der DDR-Zeit zurück.
Nachdem sich der Stadtrat der Stadt Selb Mitte der 1990er Jahre gegen die Weiterführung der Kulturbörsen entscheidet, gründet das Paar Heidi und Hans-Joachim Goller eine Galerie, in der es die Arbeit der Kulturbörse weiterführen will. Vor allem die tschechischen Künstlerinnen und Künstler wollen die bayerischen Kuratorinnen und Kuratoren präsentieren und die Kontakte weiterhin pflegen.