Musikwinkel, Tal der Musikinstrumente, Musicon Valley, das Vogtland ist eine Region, der viele Namen zugeschrieben werden. Die Tradition des Musikinstrumentenbaus hat sich hier entwickelt und ist mittlerweile zum immateriellen Weltkulturerbe ernannt wurden. Eine Geschichte, die 350 Jahre zurückgeht: Böhmische protestantische Glaubensflüchtlinge überquerten damals die Grenzen aus dem heute in Tschechien liegenden Kraslice und brachten den Geigenbau nach Sachsen. Das Ansehen für die Instrumente wächst und erlangt gute Absätze am Weltmarkt.
In der DDR wird das Handwerk größtenteils in Großserienproduktionen in Volkseigenen Betrieben (VEB) kollektiviert, kleine Betriebe werden unter Druck gesetzt. Viele DDR-Betriebe bestehen mittlerweile nicht mehr, was den kleinen Betrieben nun wieder zu mehr Bedeutung verhilft. Bis heute bringt die Region Musikinstrumente hervor, die in der ganzen Welt gespielt werden.
Die Geigen aus dem Vogtland genießen ein herausragendes Renommee auf dem internationalen Markt. Die Produktion eines Instruments nimmt um die 200 Arbeitsstunden in Anspruch. Geigenbaumeister Ekkard Seidl verwendet bei vogtländischen Modellen wie vor 100 Jahren Holz aus der Region. Sämtliche Arbeitsschritte liegen bei ihm in Eigenproduktion, keine Teile werden aus Massenproduktionen hinzugekauft: Qualität hat ihren Preis.
Die Musikinstrumente aus dem Vogtland erfreuten sich schon seit über 100 Jahren großer Beliebtheit auf dem Weltmarkt. Den Vertrieb für das einträgliche Exportgeschäft übernimmt zu DDR-Zeiten die DEMUSA (Deutsche Musikinstrumenten- und Spielwaren Außenhandelsgesellschaft mbH). Von den Devisen, die durch den weltweiten Verkauf der Instrumente erlöst werden, kommt bei den Geigenbauern in Markneukirchen allerdings nichts an. Die Grafik illustriert, in wie viele Länder zu DDR-Zeiten exportiert wird.
Auch der direkte Verkauf an Privatkunden in der DDR wird von Genossenschschaften wie der MIGMA (Musikinstrumenten-Handwerker-Genossenschaft) weitgehend unterbunden. Viele Solisten der DDR und die großen Orchester in Berlin oder im Gewandhaus Leipzig kennen die Qualität aus dem Vogtland und wissen, wer dort produziert und besorgen sich ihre Instrumente jenseits der offiziellen Bestellwege. Offene Bestellungen aus der Zeit vor der Wende können auch nach dem Mauerfall noch bedient werden und helfen vielen Geigenbauern über die erste Zeit im neuen System.
Nach dem Mauerfall öffnet sich der Markt auch für die Geigenbauer aus dem Vogtland. Das eigentliche Handwerk bleibt von den welthistorischen Erschütterungen unberührt. Nun gilt es die neue Freiheit auch zu nutzen. Doch die Marktwirtschaft bringt auch neue Herausforderungen. Erfolgreich sind diejenigen, die in der Fremde bereit sind zu lernen. Auf den internationalen Ausstellungen und Messen trifft man jetzt direkt auf die Kundinnen und Kunden aus aller Welt und auch auf die Konkurrenz.
Es ist nicht bei nur einer Bestellung von Elizabeth Wallfisch geblieben. Die berühmte australische Barockviolinistin ist so überzeugt von ihrem Instrument aus dem Vogtland, dass sie noch eine weitere Geige bestellt. Auch Schüler*innen, die bei ihr lernen, kommen mit einer Empfehlung in die Werkstatt von Ekkard Seidl nach Markneukirchen.
So macht man auf sich aufmerksam. Zum 650jährigen Stadtjubiläum von Markneukirchen lassen sich die Geigenbauer vor Ort etwas Besonderes einfallen. In über 1.300 Arbeitsstunden entsteht in Teamarbeit von 15 Geigenbauern die weltgrößte Geige. Und ja, man kann auch auf ihr spielen. Es gab bereits Aufführungen auf der Musikmesse in Frankfurt am Main, gemeinsam mit der Vogtland Philharmonie Greiz/Reichenbach und auch im ZDF war sie bereits zu hören.