1947 flüchten die Eltern von Kuno Radtke aus Pommern nach Mecklenburg. 1957 ziehen sie auf einen Hof in Vorwerk/Dassow. Nach dem Mauerbau wohnen Sie inmitten des Sperrgebiets. Kuno, einer der Söhne von Familie Radtke, entscheidet sich jedoch schon 1955 für die Ausreise in den Westen. Auf einem Sportplatz in Neu-Isenburg bei Frankfurt lernt er seine spätere Frau Angela kennen. Immer wieder sind sie auf Besuch im Sperrgebiet hinter der Mauer. Nach dem Mauerfall ziehen Angela und Kuno Radtke 1994 zurück auf den Hof der Familie nach Dassow in die ehemalige DDR.
Als Zugezogene beginnt sich Frau Radtke immer mehr für die Geschichte vor Ort zu interessieren. Schließlich entsteht die Idee mit großen Erinnerungsstelen auf den ehemaligen Grenzverlauf hinzuweisen. Für eine erste Stele bei Dassow bekommt sie die Bewilligung der Stadtverwaltung – allerdings mit nur knapper Mehrheit. Es entsteht das Projekt Grenzenlos von Lübeck bis Boltenhagen. Mit ihrer Erinnerungsinitiative trifft Sie unter den Alteingesessenen nicht nur auf Befürworter. Einige unter ihnen wollen „das Ganze“ einfach ruhen lassen.
Das Projekt bekommt mit den Jahren immer mehr Aufmerksamkeit und auch Zuspruch in der vormaligen Grenzregion. Vielerorts sind bereits Stelen installiert und klären über unterschiedliche Aspekte des ehemaligen Grenzregimes vor Ort auf. Mittlerweile fragen viele Gemeinden direkt bei Angela Radtke an und wollen auch in ihrem Ort eine Stele installieren lassen.
Nur 14 km weiter westlich von Dassow liegt die ehemalige Grenzkontrollstelle Lübeck-Schlutup. Als im November 1989 Trabbis die Grenze frei passieren können, ist auch hier die Euphorie riesig. Mit dem Fall der Mauer gibt es bald nichts mehr zu kontrollieren. Die Gebäude sind auf einen Schlag ihrer Funktion entzogen und sollen zum Jugendclub umgenutzt werden. Doch es bildet sich eine Initiative, die vor Ort an die jahrzehntelange Teilung Deutschlands erinnern will. In Lübeck-Schlutup soll eine Grenzdokumentationsstätte entstehen.
Dem sich dafür gegründeten Verein wird es nicht leicht gemacht, einen Ort der Dokumentation der deutsch-deutschen Teilungsgeschichte zu schaffen und zu erhalten. Es ist ein zähes Ringen um die Nutzung des ehemaligen Zollgebäudes. Auch das Erinnern an sich ist umkämpft. Eine Besuchergruppe aus ehemaligen Stasi-Offizieren kritisiert die Exponate in der Ausstellung und andere hören einfach nicht mehr auf zu diskutieren. Die ausgestellte Geschichte ist noch jung und konfrontiert manche Besuchende auch ganz unverhofft mit der eigenen Biografie.